Spezielle Typen

 

Diese Seite möchten wir einigen Leuten widmen, die uns während unserer Velotour erstaunt, belustigt oder vor Rätsel gestellt haben. Das Auswahlverfahren war hart, denn wir wollten nur Menschen nehmen mit denen wir auch persönlichen Kontakt hatten und die sich durch ihre Persönlichkeit und ihr Verhalten weit von der Norm abhoben. Folgende Personen haben es auf unsere Liste geschafft:

Zimmerkollege Jugi Winchester

Obwohl er uns ansprach und offensichtlich mit uns reden wollte, schaffte er es während des ganzen Gespräches nie uns anzuschauen. Seine Mimik und Gestik waren zu keiner Zeit im Einklang mit der Diskussion.

Stonehenge Meditations-Pärchen

Diese zwei jungen Leute waren von Stonehenge so angetan, dass sie ihrer Freude durch allerlei Meditationsformen freien Lauf liessen. Ob getrennte Zitter- oder gemeinsame Rollmeditation, sie liessen sich von den herumstehenden Leuten nicht beirren.

Friedhofkenner in Brecon

Vor der Kathedrale von Brecon stand plötzlich ein grosser, gewichtiger Mann vor uns. Er sprach uns aufgeregt an und wollte uns unbedingt seine neuste Entdeckung zeigen. Wir folgten ihm zum Grab eines französischen Soldaten. Beim Anblick dieses unbedeutenden Grabsteines stieg in uns der Verdacht auf, dies sei nur ein Vorwand gewesen, um mit uns ins Gespräch zu kommen und stellten uns bereits auf eine längere Diskussion ein. Doch plötzlich verschwand der Mann wieder so schnell wie er aufgetaucht war. Wir hatten ihm wohl seinen innigsten Wunsch erfüllt.

Jugi-Wart Dolgoch

Die Jugi in Dolgoch wurde von einem Rentner aus Ostengland betreut, der dort für einige Tage als freiwilliger Hüttenwart agierte.

Als wir in der Jugi ankamen, war er gerade dabei, das Gras vor der Hütte zu schneiden. Sofort begrüsste er uns und erzählte, wie er bereits den ganzen Tag in schwerer Arbeit heldenhaft die paar wenigen Quadratmeter gemäht hatte. Vermutlich waren seine englischen Teepausen länger als die Arbeit an sich.

Auf alle Fälle hatte er eine gute und eine schlechte Nachricht für uns. Die schlechte war, dass der Boiler kaputt war und wir deshalb kalt duschen mussten. Auf die gute Nachricht warten wir heute noch.

Während wir kochten staunte er mehrmals über die grosse Menge, die wir uns zubereiteten. Er spekulierte offensichtlich mit einer Einladung zum Abendessen.

Später am Abend erzählte er uns von seinen Velotouren, die er damals als junger Mann mit seinen Kollegen unternommen hatte. Er zeigte uns auf der Karte die genauen Etappenorte. Die Tagesrouten führten teilweise mehrere hundert Meilen sternförmig durch die Landschaft, und dies obwohl sein Kollege anscheinend nicht so gut trainiert war. Mit der Wäsche hatten sie allerdings keine Probleme, denn sie hängten die Kleider während der Fahrt zum Trocknen auf, vermutlich an einer Wäscheleine, die sie zwischen den Fahrrädern gespannt hatten.

Der Mann kannte ausserdem sämtliche Regionen und alle Jugis in Grossbritannien. Wo er nicht selber bereits gewohnt hatte, besuchte er zumindest Verwandte oder Freunde. Bei den Jugendherbergen verhielt es sich ähnlich. Die meisten hatte er schon selber besucht.

Touristenführer Aberystwyth

Auf der Brücke eingangs Aberystwyth sprach uns ein Mann mit walisischem Akzent an und fragte uns nach unserem Reiseziel. Anfangs waren wir begeistert von soviel spontaner Hilfsbereitschaft. Doch als uns der Mann nicht nur den schnellsten Weg ans Meer, sondern auch noch die ganze Stadt beschrieb, fanden wir das doch etwas übertrieben. Und spätestens nach dem Vortrag über die British Mountains machten wir erste zaghafte Versuche uns zu verabschieden. Eine Viertelstunde und einige Geschichten später standen wir immer noch auf der Brücke. Jetzt waren wir, jedoch nicht mehr auf der Strasse, wo wir den Verkehr behindert hatten, sondern auf dem Gehsteig, den wir mit unseren Velos komplett versperrten. Ungeachtet dieser Tatsache quasselte der Waliser weiter auf uns ein. Wir planten schon unsere Flucht, als der Mann nach weiteren Vorträgen über Österreich, das kontinentale Essen und seine Bergsteiger-Karriere von uns abliess und seinen Weg fortsetzte.

Dicker Velostar Jugi Arnside

Der Mann war nicht zu übersehen und noch weniger zu überhören. Er stand mit seiner grossen, kräftigen Statur mitten in der Küche und referierte lautstark über seine Heldentaten. Trotz seines stattlichen Ranzens hatte er es geschafft in einer Woche 500 Meilen zurückzulegen. Er beruhigte sich erst etwas, als ihm ein anderer Velofahrer erzählte, er würde jeden Morgen um 6 Uhr losfahren und mindestens 80 Meilen radeln, sonst fühle er sich unwohl. Übrigens lag dieser zweite Velofahrer morgens um 9 Uhr, als wir losfuhren noch im Bett. Doch zurück zu unserem Velostar. Als nur noch er mit seinem Kollegen und wir in der Küche waren, kam er nochmals in Fahrt. Er nahm unsere Karte und erklärte uns stolz, dass sie immer dem schnellsten Weg folgend bis nach John O'Groats fahren würden. Als wir 13 Tage später, nach etlichen Umwegen und einem Ruhetag in Edinburgh, mit dem Schiff von John O'Groats auf die Orkney Inseln fuhren, trafen wir ihn wieder. Sichtlich müde und schlecht gelaunt stand er im Hafen von Burwick.

Zürcher Auto-Abenteurer

In der Jugi Byrness trafen wir einen Schweizer. Durch sein Militär-T-Shirt war er einfach als solcher zu erkennen. Er erzählte uns, er sei aus der Stadt Zürich. Eigentlich wohnte er in Winterthur, doch er schämte sich ein wenig, aus dieser kleinen Ortschaft zu stammen.

Von der Schweiz war er mit dem Auto angereist. Allein der Eurotunnel kam ihm teurer zu stehen, als ein Flug nach London und die Automiete vor Ort. Ausserdem schloss er sich gleich am ersten Tag den Schlüssel ins Auto ein. Als TCS-Versicherter nahm er es aber locker und konnte zwei Stunden später seine Fahrt fortsetzen.

Die englischen Höhenangaben bereiteten ihm sichtlich Mühe. Nach der Umrechnung von Feet nach Metern hatte er das Gefühl, sich auf einer himalayaähnlichen Hochebene zu befinden.

In Melrose trafen wir ihn abermals. Jetzt hatte er sich zur Sicherheit mit Toastbrot und Nutella ausgerüstet, weil er auf seiner Autofahrt teilweise mehrere Minuten lang kein Haus gesehen hatte. Allerdings war er sich nicht sicher, ob man Toastbrot auch ungetoastet essen kann.

Obwohl wir schon fast in Edinburg waren, wollte er sich noch höher in den Norden vorkämpfen. Gewissenhaft war er für alle Situationen gewappnet: mit Militärregenjacke und Militärpullover fühlte er sich für seine abenteuerliche Reise bereit.

gepäckloser Velofahrer

Kurz vor John O'Groats überholte uns ein Velofahrer ganz ohne Gepäck. Das ist an sich nichts Besonderes. Aussergewöhnlich wurde es erst, als er am Abend ebenfalls in der Jugi übernachtete und uns erklärte, er sei schon seit 10 Tagen so unterwegs. Er hatte weder frische Unterwäsche noch ein Badetuch mit sich. Vor dem Schlafengehen zog er lediglich das T-Shirt, die Schuhe und die Socken aus. Am Morgen zog er seine Sachen wieder an und fuhr weiter.

australischer Tramper mit Mutter

Ebenfalls in John O'Groats trafen wir auf einen zirka 35-jährigen Australier, der mit seiner Mutter per Autostopp auf Reisen ging. Seine Mutter hatte er vor allem mit, damit mehr Autos anhielten. Denn für ihn war es wegen seinen langen, fettigen Haaren und den tätowierten Armen nicht einfach, jemanden zum Anhalten zu bringen. Seinen Erzählungen zu Folge kam es auch vor, dass sie bei fremden Leuten um Essen und Unterkunft baten oder ganz einfach draussen übernachteten.

finnischer Schweiger... äh... Redner

In der Jugendherberge Stromness fiel uns ein junger Mann durch sein aussergewöhnliches Talent auf, während Stunden zu reden ohne Luft zu holen. Zusammen mit einer jungen Frau, die er erst vor Ort kennengelernt hatte, sass er am Nebentisch. Er war Finne und klärte sie pflichtbewusst und detailliert über sein Heimatland auf. Über sie erfuhren wir nichts, denn sie kam nicht zum Reden. Bei all ihren zaghaften Versuchen etwas zu sagen, schnitt er ihr charmant das Wort ab. Doch er brauchte auch nur eine Zuhörerin und keine Gesprächspartnerin. Denn er wusste selbst alles. Von den zehn beliebtesten Automarken bei Amerikanern mit indianischen Wurzeln bis hin zum Verwesungsprozess von strangulierten Fischen gab es nichts, was er nicht wusste.

Lustiger Mann auf Orkney

Wir sassen auf einer Bank vor dem Supermarkt in Kirkwall, als plötzlich ein bärtiger Velofahrer mit Sandalen und Handschuhen auf uns zu fuhr. Er stellte sein altes Velo neben unsere und sprach uns sofort an. Er verglich sein Velo mit unseren, führte uns seine kaputten Handschuhe vor und bei jedem Satz den er sprach, hatte er einen spontanen Lachanfall. Danach ging er einkaufen. Kurze Zeit später kam er mit drei Dosen Mais und einem Stück Käse zurück. Er erklärte uns, dass er irgendwo in den Hügeln ausserhalb der Stadt wohne und dort Enten züchte. Der Mais sei für die Enten und der Käse für ihn. Und wiederum waren alle seine Aussagen von einem ständigen Lachen begleitet. Wir hatten noch nie einen so fröhlichen Menschen gesehen.